Aus Venezuela (6): Die Medien

Wer eine Presselandschaft kennen lernen will, in der nicht nur eine einheitliche Meinung ständig reproduziert wird, der sollte einmal nach Venezuela kommen. Ich rede jetzt nicht vom Fernsehen und seinen diversen Formaten, die zur Verdummung der Leute beitragen, ich rede von den Zeitungen. Gerade El Nacional, El Universal oder Ultima Noticias, die größten oppositionellen Tageszeitungen, sind weit davon entfernt, unter einer Zensur zu leiden, die sie selber immer wieder monieren. Denn sie können ungehindert über Probleme der staatlichen Ölgesellschaft berichten, über die Kritik des Kardinals von Caracas und auch über das Kriminalitätsproblem in Venezuela. Anders als sie selbst gerne berichten, findet also keine Zensur statt, wenngleich es Auseinandersetzungen mit dem Staat gibt, wenn aus dessen Sicht falsch berichtet wird. Oder wenn ein Bild abgedruckt wird, das Zustände in einer Leichenhalle zeigte und das nach Ansicht des zuständigen Gerichts jugendgefährdend war. Denn trotz aller Rhetorik von Präsident Chávez ist in solchen Fragen nicht er derjenige, der entscheidet, sondern das Gericht. Eine gute Übersicht über die internationale Medienkampagne gegen Venezuela hat gerade wieder einmal die Journalistin und Anwältin Eva Golinger zusammengestellt. Es ist schon erstaunlich, welche Masse an Fehlinformationen da jeden Tag über die Leser hereinbricht, die es weder merken noch dass es sie wirklich interessiert. Denn wer hinter diese Schlagzeilen schauen will, der hat selbst ohne Spanischkenntnisse genügend Möglichkeiten sich zu informieren — zumindest im Internet.