Aus Venezuela (8): Lang und breit

Der Vizepräsident der hiesigen Nationalversammlung, Dario Vivas, ist eher breit. Ich lang. Und so konnte ich ihm heute helfen, denn ich war mit ihm auf Wahlkampftour. Eigentlich wollte ich ein Interview mit ihm machen, das aber hat nicht so recht geklappt. Dafür konnte ich einmal erleben, wie er mit dem zweiten Kandidaten des Viertels von Haus zu Haus geht und dabei Handzettel verteilt. Einen habe ich in den ersten Stock eines hauses gereicht. Vivas kam da nicht ran. “Casa por casa” heißt diese Form des Wahlkampfs und ich denke, sie ist recht erfolgreich. Denn die Kandidaten gehen in der Tat von Haus zu Haus, verteilen Zettel, erklären die Wahlprozedur und haben auch ein offenes Ohr für die Sorgen der Menschen im Viertel. Wir waren unterwegs in einem der vielen Barrios an den Hängen um das Tal, in das Caracas hineingebaut ist. “Casa por casa” bedeutete so Treppensteigen. Denn zu den Menschen führte keine Straße sondern eben nur eine Treppe. Gut, wer da gut zu Fuß ist. Für uns war das kein Problem, für Ältere und Kranke sicher schon. Und jeder Einkauf, jedes Möbelstück, jeder Mauerstein. Alles muss hier über die Treppen nach oben getragen werden. Auch das zeigt, dass hier jede Menge zu tun ist. Am einfachsten wäre es, die Menschen auf dem Land anzusiedeln, damit sie dort die am Boden liegende Landwirtschaft aufbauen helfen. Das aber ist nicht so einfach. Aber notwendig. Und es wären gleich zwei Probleme gelöst, denn neben den kleinen, ärmlichen Hütten, in denen das Leben alles andere als eine Freude sein dürfte, liegen viele von ihnen auch stark abrutschgefährdet an den Hängen. Dass dennoch trotzdem die meisten der Menschen bleiben wollen, hängt mit vielen Dingen zusammen, die hier zu gegebener Zeit auch noch Platz finden werden.