Arbeiterkontrolle und Bürokratie

Zuletzt habe ich mich etwas intensiver mit der Arbeiterkontrolle in Venezuela bschäftigt, auch anlässlich des Besuchs zweier Gewerkschafter aus Venezuela. Deren Vortrag in Hamburg habe ich ausführlich für amerika21.de zusammengefasst. Ansonsten ist das Thema in der deutschen Diskussion über Venezuela nach meiner Ansicht zu wenig vertreten, dabei ist gerade durch die jüngsten Entscheidungen zur Basisindustrie in Guyana einiges in Bewegung gekommen. Dort gibt es bereits seit längerer Zeit immer wieder Auseinandersetzungen zwischen den Vertretern von der Arbeiterkontrolle und der Bürokratie, die zuletzt offenbar wieder Oberwasser gewonnen haben. Der von Chávez vor zwei Jahren eingesetzte Direktor aus der Arbeiterschaft wurde abgesetzt, offenbar mit Wissen von Chávez, als der Präsident auf Kuba zur Operation weilte. Der Hintergrund ist offenbar, dass es insbesondere im Aluminiumwerk Alcasa nicht gelungen ist, unter Arbeiterkontrolle die Produktion ordentlich in den Griff zu bekommen (Interview mit Elio Sayago vor seiner Absetzung bei Venezuelanalysis, mehr Texte dort bei der Suche nach „Alcasa“). Das wiederum aber liegt auch daran, dass diese Produktion stetig von Seiten der Brüokratie sabotiert wird. Immer klarer wird in Venezuela, dass eine Staatswirtschaft nicht die Lösung aus der Misere ist, auch nicht, wenn die Betriebe von Arbeitern geführt werden. Für Überlegungen zu diesem Thema empfehle ich die Broschüre „Praktischer Sozialismus“ des Hans-Jürgen-Krahl-Instituts, in der die Gründe analysiert werden und im Vorwort der zweiten Auflage auch explizit auf die venezolanische Erfahrung eingegangen wird. Auch hier wird zu Beginn auf die (ältere, aber sehr vergleichbare) Alcasa-Erfahrung eingegangen.

In Bolivien schwelt der TIPNIS-Streit weiter, ein neuer Marsch in angekündigt worden. Ich habe mir vorgenommen, die Problemlage einmal genau unter die Lupe zu nehmen und werde bei Gelegenheit auf den dabei entstandenen Text hinweisen. An neuer Literatur empfehle ich das Buch von Álvaro García Linera, dem bolivianischen Vizepräsidenten, das beim Rotpunktverlag erschienen ist und das ein wenig mehr Einblick in die bolivianische Regierungsspitze und deren Analyse der Gegenwart gibt. Leider habe ich bislang nur Auszüge lesen können, eine Rezension folgt also erst später.